Sonntag, 13. März 2016

Endometriose – wenn die Ärzte es sich zu einfach machen

Wir befinden uns mitten im Endometriose-Monat März. Und nicht nur deshalb wird momentan mehr über die Endometriose berichtet als sonst. Das "Outing" der Schauspielerin Lena Dunham und einer Sängerin, von der ich noch nie vorher gehört hatte (ich befürchte, ich falle mit 40 nicht mehr in die Zielgruppe), tragen zur Aufmerksamkeit durch die Medien bei.  Das ist prima und eine riesen Chance für uns, die Krankheit bekannter zu machen und ins richtige Licht zu rücken.

Dass dies eine Mammut-Aufgabe ist, wurde mir vor kurzem noch einmal bewusst. Ich las den Kommentar einer Betroffenen, die gerade um ihre Erwerbsminderungsrente kämpfte. Der Amtsarzt hätte den Satz geschrieben:

Endometriose ist kein Grund für Berentung.

Preisrätsel: Was stimmt an diesem Satz nicht?

Endometriose – ein medizinisches Sammelbecken

Endometriose ist ein Sammelbegriff. Es ist eine übergeordnete Bezeichnung für ein Phänomen, bei dem Zellen, die man normalerweise in Gebärmutter, Gebärmutterhals und Eileiter findet, in allen möglichen Differenzierungsstufen an anderen Stellen im Körper vorkommen. Zunächst ist Endometriose nur das, die Präsenz dieser Zellen, wo sie nicht hingehören.

Viele Frauen bemerken es ihr ganzes Leben lang nicht. Es gibt sogar die Theorie, jede Frau hätte Endometriose. Das heißt noch gar nichts. In dem Fall ist Endometriose natürlich kein Grund zur Berentung.

In manchen Fällen – und noch weiß niemand, warum – fangen diese Zellen an, umtriebig zu werden, Tumore, Zysten, Knoten und alle möglichen Formen auszubilden und zu wuchern. Auch das heißt noch nichts. Das kann auch noch völlig symptomlos von statten gehen und ist auch dann noch kein Grund zur Berentung.

Endometriose – schnurrt sie oder knurrt sie?

Aber manche dieser Endometriose-Herde fangen an, Probleme zu bereiten – auch hier weiß man nicht, warum es bei manchen Frauen so ist. Damit fängt jedenfalls die Erkrankung Endometriose an: Schmerzen in allen Abstufungen bis hin zur Wehenstärke, verdrängendes oder infiltratives Wachstum bis hin zu Beeinträchtigung von Organen und eventuell Organverlust.

Und nun lasst es mich mit einem Beispiel erklären: Nehmen wir mal an, in einem Wohngebiet ist jemandem eine Katze entlaufen. Nun ruft der Besitzer die Feuerwehr an und sagt: "Sie müssen sofort das Wohngebiet absperren, meine Katze ist entlaufen! Nicht, dass jemandem etwas zustößt!" Die Feuerwehr winkt lachend ab mit dem Satz: "Eine Katze ist kein Grund für eine Straßensperrung." Das Problem: Sie gehen davon aus, dass es sich um eine Hauskatze handelt. Was sie nicht wissen:  Der Anrufer ist russischer Ölmilliardär und hält als Haustier einen Löwen. Und schon fehlt jemandem in der Nachbarschaft ein Arm …

Die Angst vorm Amtsarzt

Wenn jetzt ein Amtsarzt pauschal und verallgemeinernd sagt, Endometriose sei kein Grund zur Berentung, ist es genau dasselbe: Meint er mit Endo kleine Herde, die Schmerzen bei der Menstruation verursachen, die mit Schmerzmitteln einigermaßen auszuhalten sind, oder meint er Endo, die krebsähnliche Geschwüre wachsen lässt und 20 OPs verursacht, nach denen man den Darm unterm Hals und den Kopf unterm Arm trägt?

Die Behauptung: Endometriose ist kein Grund zur Berentung ist unvollständig, undifferenziert, absolut unqualifiziert und in vielen Fällen einfach nur falsch! 

Nur weiß das nicht jeder, noch nicht mal jeder Arzt. Und dann sitzen da die Schreibtischtäter mit den Berichten und müssen über das weitere Schicksal der Frau entscheiden, der gerade soeben vorgeschrieben wurde, wie sehr sie unter ihrer Erkrankung zu leiden hat, oder auch eben nicht.

Das lässt mich nicht gerade hoffnungsvoller in die Zukunft blicken …

Wenn Du eine Echse am Straßenrand siehst, pass auf, dass Du nicht drauf trittst. Einfach drüber steigen!

Was regst Du Dich denn so auf? Ist doch schön, wenn in Deinem Garten Vögel auf den Bäumen sitzen!

Eine Versicherung gegen Regenschäden finde ich übertrieben!

So eine Meinungsverschiedenheit ist kein Grund für die Politik, sich gleich einzuschalten!

Weiß gar nicht, was Du hast! Ich finde es schön, wenn meine Tochter Dinge aus dem Wald zum Basteln und Dekorieren mitbringt!

Wegen so einem Parasitenbefall muss man ja nicht gleich in Panik ausbrechen!

Nur weil Dein Nachbar ein Sonderling ist, musst Du ja nicht gleich ans Wegziehen denken!





Bildausschnitte: Freddy Kruger: Sue Lukenbaugh, CC BY-ND 2.0/Flickr.com
Harry Potter: Troy Tolley, CC BY-ND 2.0/Flickr.com
Alien: Martina Liel
Alle anderen Bildausschnitte: pixabay.com/CC0 1.0
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Kommentare:

  1. Anonym13. März 2016 um 19:52

    Ich kenne das zu gut, für eine volle Erwerbsminderungsrente bin ich nicht "krank" genug, aber vom Arbeitsamt her bin ich nicht Vermittlungfähig wegen meiner Endometriose und Depressionen/Ängste. Ich hänge dazwischen fest. Frustrierend.

    Viel Kraft für alle 'Mitleidende'.
    LG Uta

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    1. Martina Liel14. März 2016 um 06:54

      Liebe Uta, genauso geht es mir auch: Nicht vermittlungsfähig, aber Grad der Behinderung nur 30 Prozent. Die wissen nix mit uns anzufangen. Wünsche Dir auch ganz viel Kraft! Liebe Grüße! Martina

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  2. Natascha13. März 2016 um 22:25

    Hallo Martina,
    Du hast ja sowas von recht.
    Und die Beispiele sind passend und haben mir ein (schwarzes Humor) Lächeln ins Gesicht gezaubert.
    Meine endo ist wie meine Sternzeichen. Sowohl normal als auch chinesisch: Löwe und Tiger.
    Mich wundert nichts....

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    1. Martina Liel14. März 2016 um 06:53

      Liebe Natascha, freut mich, wenn ich Euch in dem ganzen Mist ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann!!! Liebe Grüße! Martina

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