
Am 21. Juni 2016 hat die Klinik für Frauenheilkunde und
Geburtshilfe des St. Anna Hospitals in Herne, unter Leitung von Dr. Harald
Krentel, einen Endometriose-Tag veranstaltet. Da ich nicht allzu weit weg
wohne, hat mich die Endometriose-Vereinigung gefragt, ob ich dort nicht einen
Vortrag halten könnte zum Thema „Alltag mit Endometriose“. Obwohl ich lieber
hinter meinem „sicheren“ Schreibtisch sitze und tippe, ist es ganz klar
Ehrensache, dass man das dann auch macht. Also bereitete ich mein kleines
Referat vor und übte fleißig. Meine Hündin musste als Publikum herhalten.
(Unter Real-Bedingungen erhoffte ich mir aber dann doch mehr als ein müdes
Gähnen und am Hintern lecken ...).
Der Stolz von Wanne-Eickel
So reiste ich dann am 21. mit dem Zug in den Pott. (Kleiner
Tipp für alle, die mal ins Endometriose-Zentrum Herne müssen: Aussteigen in
Wanne-Eickel Hauptbahnhof, NICHT Herne-Hauptbahnhof!). Während lustiger
Taxifahrten erfuhr ich von der Eingemeindung Wanne-Eickels und dass es seitdem
„Cranger Kirmes Herne“ heißt, obwohl die Cranger Kirmes genau genommen Eickeler
Kulturgut ist! (Hätten wir das auch mal geklärt.)
Schwerpunkt: Adenomyose
Abends suchte ich dann das St. Anna Hospital auf und war
positiv überrascht von dem großen, hellen und modernen Gebäude. Der
Konferenzraum füllte sich nach und nach. Es gab wohl rund 70 Anmeldungen. Und
obwohl an dem Abend ein Deutschlandspiel im Rahmen der EM stattfand, war die
Veranstaltung gut besucht.
Der Schwerpunkt lag diesmal auf der Adenomyose. Hier meine
Notizen:
- Bisher gibt es nur wenige Studien zur Adenomyose. So langsam, ändert sich das aber.
- Adenomyose wird zunehmend häufig gefunden. Sie haben in Herne den Versuch gestartet, die Hysterektomie-Präparate auf Adenomyose zu untersucht. Nicht alle Präparate dabei stammen von Frauen, die wegen Endometriose operiert wurden, und doch fand man in 32,53% der Fälle Adenomyose.
- Die gesicherte Diagnose kann in den meisten Fällen wirklich erst nach pathologischem Befund nach Gebärmutterentfernung gestellt werden. Eine Stanzbiopsie, wenn die Gebärmutter im Körper verbleibt, hilft nicht viel weiter, da bei Negativbefund ja trotzdem eine Adenomyose vorliegen kann. Man hat dann nur halt vielleicht nicht die richtige Stelle erwischt. Bei einem Negativbefund sagt die Biopsie so nichts aus.
- Neue Erkenntnis: Die Tiefinfiltrierende Endometriose (TIE) korreliert mit Adenomyose in 50% aller Fälle. Entfernt man die TIE, ist häufig die Adenomyose daran Schuld, wenn es nach der OP mit den Symptomen nicht sehr viel besser ist.
- Adenomyose begünstigt Unfruchtbarkeit. Man weiß nicht, wieso das so ist. Studien zum Erfolg von Invitrofertilisation bei Adenomyose zeigen gegensätzliche Ergebnisse: Eine sagt, sie senkt die Erfolgsrate, eine andere Studie sagt, sie hat darauf keinen Einfluss.
- Eine OP ist einfacher, wenn Adenomyose an einer bestimmten Stelle der Gebärmutter vorkommt. Wesentlich kompliziertes ist es natürlich, wenn sie diffus verstreut auftritt.
- Die Therapie richtet sich meist nach dem Kinderwunsch: Ohne Kinderwunsch oft Hysterektomie, mit Kinderwunsch OP der Herde und anschließend GnRH, obwohl nicht gesichert ist, dass das GnRH zu einer höheren Schwangerschaftsrate beiträgt. Gestagenpräparate, auch die Hormonspirale, zeigen im Allgemeinen eine gute Wirkung gegen die Schmerzen.

In der anschließenden Fragerunde hat Dr. Krentel folgendes
nochmal betont:
- Die Ursachen der Endometriose sind nach wie vor unklar.
- Es fehlt an großangelegte Studien.
- Eine Hormontherapie kann die Endometriose meist nicht aufhalten, sondern verzögert ein Wiederauftreten häufig nur. Sie hilft Frauen, die sie vertragen, gegen die Schmerzsymptomatik.
- Sie erzielen mit den OPs gute Erfolge, was Schmerzsymptomatik und Schwangerschaftswunsch angeht.
- Es gibt Fälle, bei denen man meint, alles gründlich entfernt zu haben, doch nach drei Monaten findet man schon wieder Rezidive. Niemand weiß, warum das so ist
- Warum Gestagen bei manchen gegen die Schmerzen hilft und bei manchen nicht, liegt wahrscheinlich auch an der individuellen Zahl der Hormonrezeptoren am Bauchfell.
Die googelnde Patientin

Nach Dr. Krentel durfte ich dann meinen Vortrag halten und
war erleichtert, dass ich zum einen trotz der Aufregung bei Bewusstsein
geblieben bin und dass im Anschluss Frauen zu mir kamen und sagten, sie hätten
sich darin absolut wiedergefunden. Man weiß ja vorher nicht, ob man es nur
selbst alles so wahrnimmt.
Dann gab es einen Vortrag von einer niedergelassenen
Gynäkologin. Den fand ich ehrlich gesagt eher „schwierig“. Sie sagte, es dauere
lange, bis sie mal von Endometriose spreche. Denn nachher gingen die
Patientinnen hin, googelten und würden ganz schlimme Dinge in dem Zusammenhang
finden und würden sich dann nur Sorgen machen. Und es kämen ja auch noch andere
Dinge in Frage, wie erblich bedingte Nervenschmerzen ... Erst mal würde man
verschiedene Hormonpräparate ausprobieren.
Nun.
Mein Gegenargument Nr. 1: Die Symptome hat man als Patientin
trotzdem. Googeln wird man trotzdem. Und unter Umständen findet man dann noch
viel schlimmere Dinge als Endometriose. Von der Seite kann man es ja auch mal betrachten.
Mein Gegenargument Nr. 2: Ich könnte ihre Argumentation noch
einiger Maßen nachvollziehen, wenn Endometriose eine seltene Erkrankung wäre.
Aber doch nicht bei der zweithäufigsten, gutartigen Frauenerkrankung! Da muss
man doch sofort an Endometriose denken! (Oder kommen erblich bedingte
Nervenschmerzen noch öfters vor? Zugegeben, ich weiß es nicht.)
Mein Gegenargument Nr. 3: Natürlich soll man nicht mit dem
Holzhammer kommen und sagen: Pech gehabt! Es könnte Endometriose sein! Die
Nächste bitte! ABER: Worüber ich mir `nen Kopf mache oder nicht, das soll sie
mal schön meine Sorge sein lassen! Ich bin eine erwachsene Frau! Sie ist nicht
meine Mutter! Sie ist Ärztin. Jetzt mal provokant gesagt: Sie ist „Dienstleisterin“,
nicht mein Vormund! Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was mit meinem
Körper los ist bzw. los sein könnte.
Und dann sagte sie, dann warte man erst mal ab, ob die
Schmerzen schlimmer werden würden und immer öfters kämen.
Nun.
Mein Gegenargument dazu: Bei Endometriose ist der Übergang
in ein chronisches Schmerz-Stadium UNABHÄNGIG von der Dauer der Erkrankung und
von der Menge der Herde! (Quelle: Katharina Möller: Hyperalgesiemechanismen bei
Patientinnen mit Endometriose. Berlin, 2015, S.14). Und was die
Schmerzintensität angeht, so ist es nach meiner eigenen Erfahrung nicht so,
dass die Schmerzen schlimmer werden, je länger man die Erkrankung hat. Am
Anfang meiner Erkrankung und auch am Anfang der Rezidive waren sie eigentlich
am schlimmsten.
Wie gesagt, „schwierig“...
Alles in allem war es eine gelungene, interessante
Veranstaltung! Dr. Krentel habe ich als sehr engagierten, ehrlichen
Endometriose-Spezialisten kennen gelernt. Er setzt sich sehr für Forschung und
Behandlung der Endometriose ein, hat ein Endometriose-Zentrum in Peru gegründet
und bildet die Ärzte vor Ort weiter. Wer mehr erfahren möchte, kann hier mal
vorbei schauen: EDP- Endometriose Deutschland Peru.
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Dieses Notizbuch hatte ich mir vorher noch am Bahnhof gekauft. Fand ich irgendwie passend ... |
Vielen Dank für den Bericht. Ich finde, dass im Zusammenhang mit Endometriose viel zu selten über Umweltgifte, Ernährung, Darm, Schilddrüse gesprochen wird. Glyphosat und Plastik in Tampons und Binden, Darmdysbiose durch Antibiotika und falsche Ernährung, Vitaminmangel durch minderwertige Nahrungsmittel, Virenerkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen. Das alles kann mit dazu führen, dass der Körper außer Balance gerät. Bei Endometriose sind oft alle diese Dinge vertreten. Mich stört es, dass die Schulmedizin oft davon ausgeht, dass nur mit der Gebärmutter was nicht stimmt und (Pharma)Hormone und rumschnippeln helfen könnte, dabe belastet es den Körper oft noch mehr. Am ehesten macht für mich die Sichtweise von Umweltmedzinern Sinn, wie der Bericht des Umweltmediziners Prof. Dr. Schulte- Übbing. http://www.netzwerk-frauengesundheit.com/endometriose-und-umweltfaktoren-interview-mit-prof-dr-schulte-ubbing.
AntwortenLöschenHallo Yvonne! Ich bin ganz Deiner Meinung! Ich persönlich glaube auch, dass das Immunsystem "zusammengebrochen" ist und bestimmte Dinge nicht mehr regulieren kann. Wie Du sagst, da können viele Faktoren zusammenkommen: (Hormonell) wirksame Umweltgifte, Viren (ich glaube, Epstein-Barr wurde als möglicher Verursacher von Endo schon mal genannt), Konservierungsstoffe und nicht zu vergessen: wenn man in frühkindlicher Phase, wenn sich das Immunsystem noch entwickelt, traumatisierte wird, bricht das Immunsystem in dem Moment auch zusammen und kommt nie wieder auf die Beine. Auch da sehe ich Zusammenhänge. Mich ärgert es auch, wenn ich lese: Endometriose sei eine Erkrankung der Gebärmutter. Ich sag dann immer: Meiner Gebärmutter geht es prima! Zumal ja auch Frauen ohne Gebärmutter Endo haben können. Prof. Dr. Keckstein schreibt in seinem Buch, die Beeinflussung durch die Hormone sei nur eine Nebenerscheinung. Ich glaube, man hat bei einer Untersuchung auch nur in 30 Prozent der Endometrioseproben Östrogenrezeptoren gefunden. Ja, das ist ein sehr interessanter Artikel, den Du verlinkt hast! Vielen Dank dafür!!! Liebe Grüße! Martina
AntwortenLöschenGerne Martina. In meiner Aufzählung hatte ich ganz vergessen, dass ich auch noch nie von Endo-"Experten" der Schulmedizin gehört habe, dass es z.B. auch einen Zusammenhang zwischen Endometriose und Mastzellen (Histamin-Unverträglichkeit) gibt. http://www.mastzellaktivierung.info/de/mastzellerkrankungen_begleiterkrankungen.html#endometriose. Ist wahrscheinlich einfacher, alles auf die kleine Gebärmutter zu schieben, statt sich ganzheitlich Gedanken zu machen, was im Körper gerade los ist. Was auch an dem Ärztesystem an sich liegt. Wo jeder Fach-Arzt sich nur mit seinen Organen beschäftigt und ihn der restliche Teil des Körpers nicht wirklich interessiert, weil das nicht von der Krankenkasse bezahlt wird. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen, die ich machen durfte. LG-Yvonne
AntwortenLöschenOh, Yvonne, da hast du bei mir so ins Schwarze getroffen! Ich zeige nämlich alle möglichen Symptome einer Mastozytose, aber der Marker, der die Erkrankung anzeigt, war bei mir ok. Aber ich habe eindeutig ein Problem mit Histamin! Wenn ich einen kleinen Schluck Alkohol trinke, bekomme ich eine Art Schüttelfrost und kleine Krämpfe, nach Schokolade wird mir manchmal übel, ich baue plötzlich ab nach Erdbeeren, Orangensaft oder manchmal nach schwarzem Tee, vertrage keine Tomaten und keine Hitze und wenn ich joggen gehe, bekomme ich am ganzen Körper juckenden Ausschlag und danach ist mir übel, und ich reagiere auf Wespen- und Bienengift... Ich dachte schon mal, ob es eine Art Pseudo-Mastozytose ist, die mit der Endo zusammenhängt? Aber Ärzte muss man auf das Thema nicht ansprechen. Die gucken einen nur mit großen Augen an und sagen: Tryptase ist in Ordnung ... Ich glaube, wenn man in die Richtung forschen würde, würde sich ganz viel offenbaren...
AntwortenLöschenOh Martina :)...., das Problem kenne ich nur zu gut!! Ich habe 1,5 Jahre gebraucht, um herauszufinden, gegen was ich denn eigentlich allergisch bin, weil das bei Histamin so diffus ist und auch nicht wirklich gemessen werden kann. Bei Käse und Tomaten bin ich zufällig selber im Internet auf Histamin gestossen und alles machte plötzlich Sinn. UND ich reagiere auch auf Wespen- und Bienengift! Bei einer Gastroenterologin mache ich regelmäßig Darm-Floratests (bezahlt die Krankenkasse) und dann sehe ich, welche Darmbakterien mir fehlen (bezahlt nicht die Krankenkasse). Krankenkasse bezahlt für Therapie erst, wenn Entzündungsherde im Darm chronisch geworden sind. Und was für ein Wunder, wenn es dem Darm gut geht, geht es auch dem Tiefgaragenbereich viel besser!! Und Bonus, mit Hilfe von Probiotika kann ich nun wieder ein Bierchen im Sommer trinken. Ich habe aber immer ein Antihistamin in der Tasche falls die Situation kippt, wenn zuviel Histamin im Körper ist und der Darm das nicht verarbeiten kann. Forschung macht wahrscheinlich keinen Sinn, wenn Mittel gefunden werden, von denen wir gesund werden, denn an gesunden Menschen verdient man einfach nichts.. LG
AntwortenLöschenJa, Antihistaminika habe ich auch immer dabei! Den Darmtest werde ich mal bei meiner Ärztin ansprechen. Und Du hast ja so recht: Man will wahrscheinlich keine Mittel finden, die Heilung bringen. Ein Frosch säuft ja auch nicht seinen eigenen Teich leer ...
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